Tarifverhandlungen (TVöD) in Zeiten multipler Krisen – Wo liegt das Gleichgewicht zwischen fairer Bezahlung und der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen?
Bereits im Oktober 2022, unter dem Eindruck der Energiekrise, schnürte die Bundestarifkommission einen Forderungskatalog für die etwa 2,5 Millionen öffentlich Beschäftigten von Bund und Kommunen, der im Jahr 2023 Gegenstand von drei Tarifverhandlungsrunden sein wird.
Zu den Kernanliegen, die von ver.di, GdP, der GEW, der IG BAU und dem dbb beamtenbund und tarifunion vorgebracht werden, gehören u. a.
- eine Erhöhung des Einkommens um 10,5 % (mindestens 500 EUR monatlich) bei einer Laufzeit von 12 Monaten,
- eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte um 200 EUR monatlich sowie eine unbefristete Übernahme nach Ausbildungsabschluss und
- die Verlängerung des Tarifvertrages für flexible Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte (TVFlexAZ)[1]
Hintergrund der Forderungen sind die einschneidenden ökonomischen und arbeitsmarktpolitischen Veränderungen. Dazu zählen die starke Inflation bzw. die gestiegenen Verbraucherpreise ebenso wie die zusätzlichen Aufgaben durch die Pandemie oder die Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine. Die Gewerkschaftsseite möchte vor diesem Hintergrund vor allem die mittleren und kleinen Entgelte stärken. Die daraus resultierenden Kosten betragen schätzungsweise ca. 15,4 Mrd. EUR.
Im Konflikt dazu steht die bereits angespannte finanzielle Situation der kommunalen Arbeitgeber, die ihrerseits von den multiplen Krisen und Preissteigerungen direkt betroffen sind. Eine zusätzliche Erhöhung der Entgelte stelle die finanzielle Handlungsunfähigkeit der öffentlichen Hand infrage. Damit Investitionen, Instandsetzungen und Zukunftsvorhaben unter diesen Umständen nicht abgewürgt werden, wären die Kommunen gezwungen, Abgaben- und Gebührenbeiträge deutlich zu erhöhen, gibt Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA, zu bedenken.
Angesichts dieser unversöhnlichen Ausgangssituation ist es nicht überraschend, dass die erste Verhandlungsrunde ohne Ergebnisse und ohne weitere Lösungsvorschläge vertagt worden ist. Die zweite Tarifverhandlungsrunde wird voraussichtlich am 22./23. Februar 2023 stattfinden. Eine abschließende Verhandlungsrunde ist für den 27./28. März angesetzt.
Ihre Ansprechpartnerin:
Victoria Kerzig
[1] Das Ergebnis soll später zeit- und wirkungsgleich auf Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger übertragen werden.